Know-How Austausch
Einmal im Jahr veranstaltet die Stiftung eine Fachtagung zu aktuellen Problemen der Städte. Zukunftsthemen, Lösungsansätze und „Best-Practice-Beispiele“ werden diskutiert und einem breiten Fachpublikum von kommunalen Entscheidungsträgern zugänglich gemacht.


„Die Kommunen können Moderatoren sein“
3 Mio. Arbeitslose und bis zu 7,5 Mio. Menschen in Kurzarbeit – was macht das mit unseren Städten? Und was können die Kommunen tun, um die Städte lebendig zu halten?
3 Mio. Arbeitslose und bis zu 7,5 Mio. Menschen in Kurzarbeit – was macht das mit unseren Städten? Und was können die Kommunen tun, um die Städte lebendig zu halten? Darüber diskutierten beim zweiten virtuellen Runden Tisch der Stiftung „Lebendige Stadt“ Oberbürgermeister, Wissenschaftler, Unternehmer, Künstler sowie Repräsentanten aus Sport.
Leere Tische, leere Stühle – die Gastronomie und Hotellerie ist von der Corona-Krise besonders hart betroffen. „95 Prozent der Beschäftigten in der Gastronomie und 89 Prozent im Hotelbereich haben Kurzarbeit beantragt“, sagte Elisabeth Giesen, Fachbereichsleiterin Strategieentwicklung von der Bundesagentur für Arbeit, zu Beginn des Runden Tisches. Ihre Agentur rechnet im Durchschnitt mit 3 Mio. Arbeitslosen und 2,2 Mio. Kurzarbeitern – in der Spitze sogar mit bis zu 7,5 Mio. Kurzarbeitern. „Es trifft alle Branchen“, so Giesen. Mit Sorge betrachtet Alexander Otto, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung „Lebendige Stadt“, auch die Entwicklungen im Einzelhandel. Er befürchtet: „Da kommt einiges auf uns zu“.
Fast 40 Teilnehmer des zweiten virtuellen Runden Tisches der Stiftung „Lebendige Stadt“ blickten dennoch optimistisch in die Zukunft. Die meisten von ihnen waren davon überzeugt, dass man auf lokaler Ebene doch einiges tun könne, um
1. positive Impulse zu geben,
2. die lokale Wirtschaft anzukurbeln und
3. das gesellschaftliche Leben in den Städten wieder zu ermöglichen.
„Die Kommunen können zwar nicht Unternehmer sein, aber Moderatoren“, sagte der ehemalige saarländische Minister für Wirtschaft und Arbeit, Dr. Hanspeter Georgi. Die Best Practice Beispiele, die die Stiftung „Lebendige Stadt“ auf ihrer Website veröffentlicht habe, würden bereits zeigen, „wie viel Kreativität und Phantasie in der Krise entstehen“, so Dr. Georgi.
Das zeigte sich auch bei den Vorschlägen und Impulsen des zweiten Runden Tisches zum Thema „Auswirkungen von Corona auf den Arbeitsmarkt“.
„Welche Möglichkeiten haben die Kommunen, damit in den Städten wieder neues Leben entstehen kann?“, fragte Dr. Hanspeter Georgi, ehemaliger saarländischer Minister für Wirtschaft, die fast 40 Teilnehmer des zweiten virtuellen Runden Tisches der Stiftung „Lebendige Stadt“. Sie regten folgende Maßnahmen und Lösungsansätze an:
- Unterschiedliche Strukturen, unterschiedliche Lösungen
„Jede Stadt hat andere Strukturen – und muss anhand ihres Potentials eigene Lösungen finden“, sagte Marcel Philipp, Oberbürgermeister der Stadt Aachen. Wie das aussehen könnte, erläuterte Lutz Lienenkämper, Finanzminister aus NRW, in seinem Impulsreferat. Er ermutigte die Kommunen „Stärken zu stärken“ und „den Wandel zu gestalten.“ Für NRW hieße das nicht nur in die Hochschulen zu investieren, sondern beispielsweise auch in die Wasserstofftechnologie, die auf die Energiewende einzahle.
- Handlungsfähig bleiben
„Wir müssen Verantwortung übernehmen und die Investitionsfähigkeit der Kommunen erhalten“, forderte Lutz Lienenkämper, Finanzminister aus NRW. „Hierfür werden wir uns in NRW die verschiedenen Förderprogramme sehr genau ansehen“, sagte Lienenkämper.
- Runde Tische für Gastronomie und Hoteliers
Barbara Bosch, ehemalige Oberbürgermeisterin der Stadt Reutlingen, schlug vor, „gemeinsam mit den Gastronomen und Hoteliers auf kommunaler Ebene zu diskutieren und zu prüfen, mit welchen Möglichkeiten ihnen geholfen und die Wirtschaft wieder angekurbelt werden kann“.
- Bürokratieabbau
Garrelt Duin, ehemaliger Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk in NRW plädierte dafür, u.a. das Vergaberecht und das Baurecht zu entschlacken, „damit eine zügige Investitionsfreigabe seitens der Kommunen möglich ist, die vielen mittelständischen Betrieben jetzt helfen würde“, so Duin. Andernfalls würde das Geld, das bereitsteht gar nicht erst ausgegeben.
- Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen vermeiden
Dr. Eva Lohse, Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen (a.D.) und der ehemalige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Dr. h.c. Peter Harry Carstensen, befürchten, dass Auszubildende aufgrund der wirtschaftlichen Situation nicht übernommen werden. Sie appellierten an die Betriebe, Ausbildungsplätze für Jugendliche zu schaffen, um Jugendarbeitslosigkeit zu vermeiden.
- Initiativen für Kinder und Jugendliche
„Die Kinder, die heute nicht abgeholt werden, sind morgen nicht in der Ausbildung. Hier müssen wir ein Augenmerk darauf haben“, warnte die ehemalige Ministerin Dr. Monika Griefahn und verwies damit auch auf den angestrebten Digitalpakt der Schulen.
- Wie gestalten wir eine mögliche 2. Welle?
„Noch haben wir Zeit eine 2. Welle, die viele für möglich halten, vorzubereiten“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung „Lebendige Stadt“, Dr. Andreas Mattner, unter Zuspruch von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Lutz Lienenkämper, Finanzminister aus NRW. Dr. Mattner: „ Wir haben unsere Lektion gelernt. Die virologischen Anforderungen sind bekannt und wir wissen, was zu tun ist, um einen zweiten Lock down zu vermeiden. Eine weitere Phase mit geschlossenen Läden und reduzierter Produktion ist weder für die Familien noch für die Volkswirtschaften zumutbar.“ Hier sei noch viel Kommunikations- und Abstimmungsarbeit zu leisten.
Teilnehmerliste „Virtueller Runder Tisch“ 2020
Minister für Wirtschaft und Arbeit a.D., Saarland
Prof. Dr. Willi Alda
Universität Stuttgart
Michael Batz
Theatermacher und Szenograf
Jan Bettink
Verwaltungsratsvorsitzender FMS Wertmanagement AöR
Friederike Beyer
Geschäftsführerin Beyer PR EVENT
Barbara Bosch
Oberbürgermeisterin a. D., Stadt Reutlingen
Dr. Volker Breid
Geschäftsführer FAZ
Kirsten Bruhn
ehemalige Leistungsschwimmerin
Dr. h.c. Peter Harry Carstensen
Ministerpräsident a.D., Schleswig-Holstein
Garrelt Duin
Hauptgeschäftsführer, Handwerkskammer zu Köln
Elisabeth Giesen
Fachbereichsleiterin Strategieentwicklung, Bundesagentur für Arbeit
Dr. Monika Griefahn
Ministerin a.D.
Dr. Herlind Gundelach
Senatorin a.D., Freie und Hansestadt Hamburg
Robert Heinemann
Managing Director ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG
Hendrik Hering
Präsident des Landtags Rheinland-Pfalz
Joachim Herrmann
MdL, Staatsminister des Innern, für Sport und Integration, Bayern
Alfons Hörmann
Präsident DOSB e.V.
Eckart John von Freyend
Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats, Hamborner REIT AG
Burkhard Jung
Präsident Deutscher Städtetag, Oberbürgermeister Leipzig
Prof. Dr. Harald Kächele
Bundesvorsitzender Deutsche Umwelthilfe e.V.
Matthias Kohlbecker
Architekt und Geschäftsführer, Kohlbecker Gesamtplan GmbH
Wolfgang Kopitzsch
Polizeipräsident a.D., Hamburg
Prof. Dr. Rainer Lademann
Managing Partner Lademann & Associates GmbH
Lutz Lienenkämper
Minister der Finanzen NRW
Dr. Eva Lohse
Oberbürgermeisterin a.D., Ludwigshafen
Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup
Geschäftsführer Flughafen Berlin Brandenburg
Dr. Andreas Mattner
Vorstandsvorsitzender, Stiftung „Lebendige Stadt“
Hildegard Müller
Präsidentin VDA
Alexander Otto
Kuratoriumsvorsitzender Stiftung „Lebendige Stadt“
Aygül Özkan
Ministerin a.D.
Marcel Philipp
Oberbürgermeister der Stadt Aachen
Veronika Rücker
Vorstandvorsitzende DOSB
Olaf Schabirosky
CEO Hermes Deutschland
Josef Schmid
MdL, zweiter Bürgermeister a.D., München
Bärbel Schomberg
CEO Schomberg & Co. Real Estate
Prof. h.c. Dr. h.c. Fritz Schramma
Oberbürgermeister a.D., Köln
Markus Ulbig
Innenminister a.D., Sachsen
Dr. Michael Vesper
Minister a.D.