Know-How Austausch
Einmal im Jahr veranstaltet die Stiftung eine Fachtagung zu aktuellen Problemen der Städte. Zukunftsthemen, Lösungsansätze und „Best-Practice-Beispiele“ werden diskutiert und einem breiten Fachpublikum von kommunalen Entscheidungsträgern zugänglich gemacht.
„Digitalisierung der Städte“
Digitalisierung in Deutschland: 79 Prozent der Menschen mit Arbeit der Bundesregierung unzufrieden
Digitale Städte
Runder Tisch mit Experten zur „Digitalisierung der Städte“ auf Initiative der Stiftung „Lebendige Stadt“ in Essen
Digitalisierung in Deutschland: 79 Prozent der Menschen mit Arbeit der Bundesregierung unzufrieden
Im Auftrag der von Unternehmer und Mäzen Alexander Otto gegründeten Stiftung „Lebendige Stadt“ hat das Forsa-Institut eine repräsentative Umfrage zum Stand der Digitalisierung in Deutschland durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung zeigen eine hohe Unzufriedenheit der Befragten mit der Arbeit der Bundesregierung im Bereich der Digitalisierung – und zugleich eine hohe Erwartungshaltung gegenüber dem Ausbau digitaler Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung.
„Die Zustimmungsquote zur Qualität des Netzausbaus ist zwar grundsätzlich positiv. Dennoch zeigen die Umfrageergebnisse, dass wir bei der Digitalisierung noch einen Weg zu gehen haben. Das schließt aber nicht nur die Verwaltung, sondern alle Gesellschaftsbereiche ein“, so Alexander Otto, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung „Lebendige Stadt“.
Zufriedenheit mit dem Netzausbau
63 Prozent der Befragten sind mit dem Ausbau und Zustand des Netzes zufrieden – davon elf Prozent „sehr zufrieden“ und 52 Prozent „zufrieden“. 35 Prozent sind weniger zufrieden, darunter insbesondere jüngere Menschen und Bewohner kleinerer Kommunen. 66 Prozent ist es wichtig, dass an öffentlichen Plätzen und Einrichtungen freies WLAN verfügbar ist, 34 Prozent finden es weniger wichtig oder gar unwichtig. Nur 13 Prozent der Befragten wären grundsätzlich bereit, für mehr digitale Angebote ihrer Kommune Abgaben oder Gebühren zu bezahlen.
Ausbau kommunaler Online-Dienstleistungen gewünscht
79 Prozent der Befragten ist es wichtig (44 Prozent) bzw. sehr wichtig (35 Prozent), dass ihre Kommunalverwaltung Online-Dienstleistungen anbietet, um Verwaltungsangelegenheiten via Internet zu erledigen. Die Hälfte hat solche bereits mindestens einmal genutzt. Dabei besteht ein deutliches Stadt-Land-Gefälle: Während schon 73 Prozent der Bewohner in den Metropolen Verwaltungsangelegenheiten online erledigt haben, sind es in kleineren Kommunen nur 30 Prozent. Dazu zählen als größte Gruppe die 30- bis 44jährigen. Nur 45 Prozent der Befragten sind jedoch mit den Online-Angeboten ihrer Kommunalverwaltung zufrieden, 43 Prozent sind weniger zufrieden bzw. unzufrieden.
An der Spitze der nachgefragten Online-Dienstleistungen liegen die An-/Ummeldung von Pkw, die Reservierung von Pkw-Kennzeichen, allgemeine Terminvereinbarungen und die Beantragung von Ausweisdokumenten. Von den 50 Prozent, die bislang noch keine Online-Dienstleistungen beansprucht haben, begründeten dies 45 Prozent mit dem fehlenden persönlichen Bedarf und 21 Prozent mit dem fehlenden kommunalen Angebot. 13 Prozent bevorzugten den persönlichen Kontakt zur Verwaltung.
Vor- und Nachteile der Digitalisierung
53 Prozent der Befragten sehen in einer digitalen Verwaltung eher Vorteile, 46 Prozent sowohl Vor- als auch Nachteile und sieben Prozent überwiegend Nachteile. Vor allem Männer, jüngere Menschen und Bewohner von Metropolen erkennen überwiegend Vorteile in einer digitalisierten Verwaltung. 49 Prozent sind der Meinung, dass die Kommunalverwaltung mit den verfügbaren Daten ihrer Bürger sorgsam und vertrauensvoll umgeht. 41 Prozent sehen das hingegen mit Sorge.
Bewertung der Arbeit der Bundesregierung bei der Digitalisierung
79 Prozent der Befragten bewerten die Arbeit der Bundesregierung bei der Digitalisierung als weniger gut (49 Prozent) bzw. schlecht (30 Prozent). Dabei bilden Männer, jüngere Menschen und Bewohner von Metropolen die Arbeit überdurchschnittlich häufig als schlecht.
Runder Tisch „Digitalisierung der Städte“ in Essen
Die Umfrageergebnisse waren Grundlage für einen Runden Tisch zum Thema „Digitalisierung der Städte“, zu dem die Stiftung „Lebendige Stadt“ am 27.03.2019 hochrangige Repräsentanten aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen auf die Zeche Zollverein in Essen eingeladen hatte. „Der Expertenaustausch hat vielfältige Impulse geliefert, die die Teilnehmer für ihre Arbeit mitnehmen und die wir an die Politik weitergeben werden“, so Alexander Otto. Im Mittelpunkt des Austausches standen Fragen zum Stand und den Angeboten der Städte zur Digitalisierung.
Zitate der Teilnehmer:
Dr. Andreas Mattner, Vorstandsvorsitzender Stiftung „Lebendige Stadt“: „Die Digitalisierung ist unaufhaltsam. Sie optimiert und vereinfacht ganz viele Prozesse. Das entlastet uns und wir können uns auf die wirklich wichtigen Aufgaben konzentrieren – bei der Quartiersentwicklung, bei Gebäuden, im Unternehmen oder im Sportverein. Wichtig ist, dass wir die Chancen erkennen, denn Digitalisierung birgt auch disruptive Entwicklungen und unsere Städte sollten dabei nicht zu den Verlierern zählen.“
Alexander Otto, Kuratoriumsvorsitzender Stiftung „Lebendige Stadt“: „Digitalisierung benötigt Vision und Leadership – dafür sind mehr Mut und eine andere Fehlerkultur erforderlich.“
Ullrich Sierau, Oberbürgermeister Dortmund: „Digitale Sehnsucht darf nicht in der Angst vor der Innovation untergehen.“
Dr. Daniel Holz, Managing Director SAP: „Smart City leichtgemacht: Einfach mal loslegen mit einem kleinen, einzelnen Projekt. Die Kultur/Einstellung im Amt wird schon nach diesem Projekt eine andere sein als vor dem Piloten. Auf diesem Weg kann die Paralyse, die Hemmung vor dem ‚großen Change’ einfach und pragmatisch überwunden werden.“
Marcel Philipp, Oberbürgermeister Aachen: „Die Zukunft wird nicht durch die Digitalisierung bestimmt werden, sondern durch unsere Entscheidungen darüber, wie wir leben wollen.“
Alfons Hörmann, Präsident Deutscher Olympischer Sportbund: „Die Dosis macht den Unterschied zwischen Medizin und Gift – Digitalisierung richtig verstanden und umgesetzt bringt wertvolle Chancen und reduziert Risiken!“
Veronika Rücker, Vorsitzende des Vorstands Deutscher Olympischer Sportbund: „Die Digitalisierung wird das, was den Sport so besonders macht, niemals ersetzen, aber sie kann einen nachhaltigen Beitrag leisten, den Zugang zum Sport zu erleichtern und damit die Städte (noch) lebenswerter und ‚lebendiger’ zu machen.“
Nurhan Soykan, stv. Vorsitzende Zentralrat der Muslime in Deutschland: „Die Digitalisierung in Städten kann große Vereinfachungen bringen. Mein zweiter Wohnsitz ist in Istanbul, wo es über einen Link möglich ist, die Angebote der Verwaltung zu nutzen. Man kann darüber Bebauungspläne einsehen, den Gasanschluss an- und abmelden, Veranstaltungen abfragen, Personalausweise beantragen – per Mausklick. Auch das Bankwesen ist sehr viel weiter als in Deutschland, was Online-Banking angeht. Die Bedenken bezüglich des Datenschutzes dort sind gering.“
Prof. Dr. Harald Kächele, Bundesvorsitzender Deutsche Umwelthilfe: „Ich wünsche mir, dass wir uns nicht von ‚der Digitalisierung’ treiben lassen, sondern sie uns klug zu Nutze machen. Gutes Leben findet im Wesentlichen analog statt. Lasst uns das nicht vergessen!“
Dr. Eva Lohse, Oberbürgermeisterin a.D. Ludwigshafen: „Wir dürfen über die ‚digitale Stadt’ bzw. über Digitalisierung generell nicht ohne diejenigen diskutieren, die wirklich ‚digital’ leben, d.h. permanent wechseln zwischen analog und digital, zwischen Konsument und eigenen Kreationen im Netz. Alle Diskussionspunkte des heutigen runden Tischs sollten wir mit jungen Menschen und deren Wahrnehmungen spiegeln.“
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann:
„Junge Leute müssen mit an den Runden Tisch – ‚Otto Normalverbraucher’ der Zukunft.“
Josef Schmid:
„Die Zusammenführung der Datenmengen verschiedener Stellen der Verwaltung, aber auch und gerade von Privaten, kann große Gemeinwohleffekte haben. Zum Beispiel für die Planung neuer Verkehrsmittel und -wege. Aber auch für die Förderung des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur: Bundesmittel könnten zielgerichteter die Bedürfnisse von Ballungsräumen matchen.“
Hildegard Müller:
„Nur Mut – jeden Tag das Undenkbare denken!“
Aygül Özkan:
„Die ‚Digitale Stadt/Digitale Kommune’ kann nur in Kooperation mit dem Bürger und der Wirtschaft gelingen.“
Thomas Geisel:
„Die digitale ‚smart city’ kommt – egal, ob aus Sehnsucht nach dem Meer oder aus Einsicht in die Notwendigkeit.“
Torsten Albig:
„Eine ‚smarte’ City macht das Leben ihrer Bürger leichter und nicht nur digitaler.“
Simone von Ehren:
„Digitalisierung sollte jeden Tag stattfinden und sich weiterentwickeln – vergleichbar der Evolution.“
Bärbel Schomberg:
“Keine Denkverbote (Think out of the box)! Datenschutzdiskussion/Rechtsstaatlichkeit sichern, aber nicht als ‚Totschlagargument’ einsetzen. Hierarchien schrittweise abbauen und die junge Generation einbinden in die Zukunftsdiskussion.“
Jan Bettink:
„Erstens: Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Zweitens: Bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen sollte die Verpflichtung zur flächendeckenden Installation von schnellem Internet vor der Erzielung möglichst hoher Preise stehen – wie in Österreich. Es muss überall kostengünstig zugänglich sein, auch um den ländlichen Raum attraktiv zu machen.“
Jürgen Roters:
„Ein Beispiel aus der kommunalen Praxis: In der Kommunalverwaltung fehlt vielfach die ‚digitale Kompetenz’. Mit dem herkömmlichen Besoldungsrecht lässt sich qualifiziertes Personal nicht gewinnen. Wir brauchen eine ‚Revolution’ des Besoldungsrechts.“
Prof. Dr. Willi Alda:
„Eine Demokratie kennt in der Regel nur Bottom-up-Lösungen. Das heißt meines Erachtens, dass wir bei der Ausbildung bereits Änderungen einbringen müssen, zum Beispiel in Richtung mehr Innovativität, weniger Verwaltungszwänge und mehr Kreativität. Die Politik muss mehr leisten durch Top-down-Rahmenbedingungen.“
Prof. h.c. Dr. h.c. Fritz Schramma:
„Wie sollen wir ‚digitale Stadt’ werden, wenn zum Beispiel mein Smartphone zu 95 Prozent anzeigt: ‚Kein Netz’? Ich habe keine Sehnsucht nach Meer, sondern nach mehr Netz! Wir müssen rascher ausbauen, aufholen und entscheiden, wenn wir das digitale Angebot im Sinne der Bürger nutzen wollen!“
Dr. Herlind Gundelach:
„Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Dann muss man aber den Zweck kennen. Wir brauchen eine Vorstellung, in welcher Gesellschaft wir leben wollen, und dies in einem Diskurs, an dem am Schluss auch entschieden werden muss. Und dies von den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft.“
Dr. Michael Vesper:
„Digitalisierung ist kein isoliertes Ziel, sondern ein wichtiges und in Deutschland noch unterentwickeltes Mittel, um unser Zusammenleben in dieser Gesellschaft besser und zukunftsfähig zu organisieren. Bei der stärkeren Digitalisierung müssen wir auch die Folgen berücksichtigen und beherrschen lernen.“
Kirsten Bruhn:
„Die Digitalisierung weckt für mich die Hoffnung und Sehnsucht nach totaler und doch möglicher Teilhabe in dieser Gesellschaft. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass Theorie und Praxis hier zu 100 Prozent übereinstimmen müssen. Digitalisierung, die nicht zu Ende gedacht ist, bringt nichts.“
Teilnehmerliste „Runder Tisch“ 2019 in Essen
Ministerpräsident a.D. Schleswig-Holstein
Prof. Dr. Willi Alda
Universität Stuttgart
Michael Batz
Theatermacher und Szenograf
Jan Bettink
Verwaltungsratsvorsitzender, FMS-Wertmanagement
Friederike Beyer
Geschäftsführerin Beyer PR EVENT
Prof. Dr. Björn Bloching
Senior Partner Roland Berger
Dr. Volker Breid
Geschäftsführer F.A.Z.
Kirsten Bruhn
ehemalige Leistungsschwimmerin
Rolf Buch
Vorstandsvorsitzender Vonovia
Dr. h.c. Peter Harry Carstensen
Ministerpräsident a.D. Schleswig-Holstein
Prof. Dr. Johannes Caspar
Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit Hamburg
Olaf Cunitz
Bürgermeister a.D. Frankfurt a.M.
Simone von Ehren
Baumschule Lorenz von Ehren
Arved Fuchs
Polarforscher
Thomas Geisel
Oberbürgermeister Düsseldorf
Dr. Hanspeter Georgi
Minister a.D.
Dr. Herlind Gundelach
Senatorin für Wissenschaft und Forschung a.D. Hamburg
Robert Heinemann
Managing Director ECE
Dr. Daniel Holz
Managing Director SAP
Alfons Hörmann
DOSB-Präsident
Prof. Dr. Harald Kächele
Bundesvorsitzender Deutsche Umwelthilfe
Wolfgang Kopitzsch
Polizeipräsident a.D. Hamburg
Prof. Dr. Rainer Lademann
Beirat Dr. Lademann & Partner
Dr. Eva Lohse
Oberbürgermeisterin a.D. Ludwigshafen
Dr. Andreas Mattner
Vorstandsvorsitzender Stiftung „Lebendige Stadt“
Dr. h.c. Ingrid Mössinger
Generaldirektorin a.D. Kunstsammlungen Chemnitz
Hildegard Müller
Generaldirektorin a.D. Kunstsammlungen Chemnitz
Klaus-Peter Müller
Vorsitzender des Aufsichtsrats a.D., Commerzbank AG
Alexander Otto
Kuratoriumsvorsitzender Stiftung „Lebendige Stadt“
Aygül Özkan
Mitglied der Geschäftsführung PCC Services GmbH der Deutschen Bank, Ministerin a.D.
Marcel Philipp
Oberbürgermeister Aachen
Jürgen Roters
Oberbürgermeister a.D. Köln
Veronika Rücker
Vorsitzende des Vorstands DOSB
Josef Schmid
MdL, Bürgermeister a.D. München
Bärbel Schomberg
CEO Schomberg & Co Real Estate
Prof. h.c. Dr. h.c. Fritz Schramma
Oberbürgermeister a.D. Köln
Planungsdezernent a.D. Frankfurt a.M.
Ullrich Sierau
Oberbürgermeister Dortmund
Nurhan Soykan
stv. Vorsitzende Zentralrat der Muslime in Deutschland
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, MdB
stv. FDP-Bundesvorsitzende
Markus Ulbig
Staatsminister a.D. Sachsen
Dr. Michael Vesper
Minister a.D. NRW
Prof. Jörn Walter
Oberbaudirektor a.D. Hamburg
Dr. Joachim Wieland
CEO Aurelis Real Estate